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Online-Werbung: Kauf doch, was Du gestern gekauft hast

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Es muss so um 2007 gewesen sein, als ich über die hoffnungsfrohen Möglichkeiten des Targeting in der Onlinewerbung geschrieben habe.  Ich glaube, es ging um Kinderschuhe, denen man nun entwachsen sei und etwas mit individueller und zielgerichteter Ansprache.  Was man eben so von Dienstleistern hört, wenn sie ihren Verkaufsprospekt auswendig gelernt haben. Nur: Die Schuhe drücken immer noch.

Ich habe mich daran gewöhnt, dass in einem Premium-Umfeld wie FAZ.net blumigbunte Flash-Banner für Unitymedia blinken, obwohl ich mit genau diesem Dienstleister auf der Seite surfe.  Wahrscheinlich hätte ich es nicht einmal gesehen, wenn ich nicht auch immer mit einem Fach-Auge über die Seiten scrolle. Ein Ad-Blocker verbietet sich ja schon aus beruflichen Gründen. Wer ihn nutzt, und das sind viele schätzt der FAZ-Blog Deus Ex Machina, hat selten das Gefühl, eine elementare Produktinformation zu verpassen. Die Werbung (be)trifft ihn ja eh nicht.

Mit dem Targeting sollte alles besser werden.  Wenn man denn zielen wollte. Doch noch immer ist die Gießkanne offenbar günstiger, als eine aus Analytik und Algorithmus zusammengeklöppelte Werbeauslieferung, die sich am Surfverhalten orientiert oder zumindest so tut als ob. Sicher es gibt Ausnahmen, aber die übersieht man schnell, weil man sich oft gar nicht mehr traut hinzuschauen, was denn da so blinkt wie eine Losbude auf der Kirmes.

Banner sind animiert, animieren aber nicht immer

Was dem digitalen Hobbyknipser sein Pixelwahn, ist dem Mediaplaner und Marketer im Konsumentenmarkt eben die Reichweite. Weil das den Click-Through-Rates nicht gut tut, steht ein Heer an Animations-Programmierer in Lohn und Brot, damit es im Banner wenigstens auffällig blinkt.

Doch selbst das Targeting ist so eine Sache. Online-Shopper wissen das. Wer einmal bei Zalando und Co eingekauft hat, der weiß, dass ihm genau das dort gekaufte Produkt in den kommenden Wochen immer wieder per Banner angeboten wird. Der FAZ-Blog Deus Ex Machina sieht da längst den Reklame-Rubikon überschritten.

Für das Fehlen einer interessenorientiert ausgesteuerten Online-Werbung  kann man als ein der Branche wohlmeinender Mensch nur eine Erklärung finden:  Algorithmen sind doof und nicht in der Lage gattungsähnliche Produkte zu errechnen oder passende Themen zu erkennen. Selbst bei Amazon wird einem als Autor ja gerne einmal das eigene Buch empfohlen. Vielleicht erlaubt sich da der Algorithmus ein augenzwinkerndes Lob. Oder hinter dieser Targeting-Logik (Kaufe noch einmal, was du gestern gekauft hast) steckt eine geheime Verkaufspsychologie, die man erst nach mehreren Semestern NLP begreift.

Algorithmen verrechnen sich 

Eigenartiger Weise kann immerhin Google Werbung qua Suche personalisieren und zuweilen funktioniert das sogar so mittelgut. Google erkennt laut Ad Preferences bei mir zumindest die Kategorien Computer und Elektronik, Kunst und Unterhaltung, Nachrichten – Politik, Soziale Netzwerke, E-Commerce-Services, Werbung und Marketing. Allerdings schätzt mich Google mit „25-34“ etwas zu jung ein.

Online-Werbung hat im Jahr 2012 also immer noch ein Problem mit den passenden Schuhen. Auch wenn man das nicht gleich demokratiegefährdend finden muss. Denn Menschen würden die Werbung vermutlich sogar mehr akzeptieren und ihr Aufmerksamkeit schenken, wenn sie mit etwas mehr Genauigkeit, als man es vom Bleigießen kennt, auf ihre individuellen Ansprüche und Erwartungen zugeschnitten wäre. (Was im übrigen im Special-Interest-Bereich auch sehr gut ohne Targeting funktionieren kann.)

In einem Akt der Notwehr wäre ich sogar bereit, Auskünfte über Interessen und Vorlieben auf einer Plattform zu hinterlassen. In Wirklichkeit tue ich das bereits. Bei Facebook. In Wirklichkeit ist aber auch dort der ROI meiner Daten nicht nur für mich eher auf der Höhe der Click-Through-Rate eines durchschnittlich flickernden Banners.

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